Oftmals lassen wir uns von unseren Emotionen und unserem Bauchgefühl zu einem Entschluss verleiten, was dazu führen kann, dass wir ungewollte Entscheidungen treffen. Im Marketing werden diese Erkenntnisse beispielsweise genutzt, um Kunden zu einer Wahl zu verleiten, die den größten Nutzen für die Unternehmung verspricht.
Uns Menschen fällt es besonders in komplexen Situationen schwer, die richtige Wahl zu treffen. Um auch in komplexen Situationen mit einem hohen Maß an Unsicherheit die richtige Wahl treffen zu können, greifen wir auf Daumenregeln, auch Heuristiken genannt, zurück. In vielen Situationen in unserem Alltag müssen wir mit einem begrenzten Informationsgehalt eine rasche Entscheidung treffen. Heuristiken helfen uns, auch in Situationen mit begrenztem Wissen eine schnelle und ausreichend befriedigende Entscheidung zu treffen.
In unserem Alltag sind wir kaum in der Lage, alle Entscheidungen in allen Situationen gründlich zu überdenken und dementsprechend optimal zu beurteilen. Oftmals sind wir es uns auch nicht gewohnt, angestrengt nachzudenken und geben uns mit einer naheliegenden Entscheidung zufrieden, die uns gerade in den Sinn kommt. Aufgrund dieser kognitiven Beschränkung im Bereich der Entscheidungsfindung weichen die Menschen von einem systematisch rationalen Entscheidungsprozess ab. Also greifen wir Menschen auf sogenannte Heuristiken zurück, um die unzähligen Reize, die wir täglich empfangen, einfacher weiterverarbeiten zu können. Diese entstehen dabei sowohl bewusst als auch unbewusst. Die unbewusste Verwendung einer Heuristik wird hierbei als Intuition bezeichnet.
Heuristiken können auch als Faust- oder Daumenregeln beschrieben werden. Besonders in komplexen Situationen erleichtern diese Daumenregeln mit Hilfe gemachter Erfahrungen die Entscheidungsfindung. So ist es einer Person selbst mit begrenztem Wissen und wenig Zeit möglich, eine befriedigende Entscheidung treffen zu können. Bei vielen Entscheidungen in unserem Alltag sind diese Heuristiken daher durchaus hilfreich und helfen uns, schnelle Entscheidungen zu treffen, womit wir wiederum Zeit sparen. Durch das kognitive Abrufen persönlicher Voreinstellungen kann es dadurch jedoch auch zu systematischen Denkfehlern kommen und es werden Entscheidungen getroffen, welche sich im Nachhinein nicht als optimal herausstellen. Es kann beim Einsatz von Heuristiken also auch zu Fehlern und Verzerrungen kommen.
Wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen, können wir den Algorithmus also mit Hilfe von Heuristiken umgehen, um zu einem sinnvollen Entschluss zu kommen. Denn das algorithmische systematische Vorgehen kann durch einen aufwendigen Denkprozess zwar durchaus zu einer optimalen Lösung führen, ist dadurch jedoch auch arbeits- und somit zeitintensiv. Heuristik ist daher die einfachere und schnellere Denkstrategie. Dafür allerdings auch fehleranfälliger als die logische und systematische Denkweise. Heuristiken werden irrtümlicherweise oftmals als fehleranfällige Denkstrategie gesehen. Jedoch sind sie aus unserem Alltag fast nicht mehr wegzudenken. Ihnen verdanken wir, dass wir uns in einer komplexen Umwelt mit zahlreichen Entscheidungen rasch zu einer Option entschließen können. Dabei ist der Faktor, dass wir einen Großteil der zur Verfügung stehenden Informationen ignorieren, entscheidend. In den meisten aller Fälle sind die Entscheidungen, welche wir mit Hilfe von Heuristiken treffen ausreichend genau.
Die Menschen nutzen Heuristiken nicht nur, um Zeit zu sparen oder weil sie faul sind. Natürlich können dies Gründe sein. Vielmehr entscheidend ist jedoch, dass die Verarbeitungskapazität unserer erhaltenen Informationen begrenzt ist. Das ist insbesondere in der digitalen Welt der Fall, da wir dort praktisch mit Informationen überflutet werden und daher umso mehr auf eine vereinfachte Informationsverarbeitung angewiesen sind. Zwischen der analogen und der digitalen Welt existieren erhebliche Unterschiede was Geschwindigkeit und Reichweite betrifft. In der digitalen Welt sind wir einer enormen Vielfalt an Informationen ausgesetzt. Die Informationsmenge wächst dabei ständig und wir sind daher praktisch auf Heuristiken angewiesen, um all die erhaltenen Informationen in einem angemessenen Zeitraum verarbeiten zu können. Durch die riesige Menge an Reizen und Informationen ist die Gefahr daher umso größer, dass wir uns zu Fehlentscheidungen verleiten lassen. Heuristiken bieten somit auch große Chancen, um Menschen in der digitalen Welt auf gewünschte Reize aufmerksam zu machen. Wir sind so gesehen praktisch auf Heuristiken angewiesen. In der heutigen digitalen und schnelllebigen Zeit reicht ein statisches Denken nicht aus. Daher sind gute Faustregeln umso wichtiger, um gute Entscheidungen treffen zu können.
Die genannten Erkenntnisse werden als essenziell für die Herstellung und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen von Organisationen unterschiedlicher Richtungen gesehen. Denn nur wenn die Entscheidungs- und Beweggründe des Verbrauchers verständlich sind, können die Entscheidungen dementsprechend auch beeinflusst werden.
Die Entscheidungsfindung ist eine der zentralen psychischen Funktionen des Menschen. In unserem Alltag müssen wir ständig Entscheidungen treffen. Einige dieser Entscheidungen erscheinen uns trivial und sind ohne großes Nachdenken schnell getroffen. Bei anderen Entscheidungen hingegen müssen wir gründlich nachdenken. Oftmals ist uns bewusst, dass manche dieser Entscheidungen einen relevanten Einfluss auf unsere Zukunft haben werden. Manchmal ist uns dies aber auch nur unterbewusst oder gar nicht klar. Es fällt uns daher nicht immer leicht eine Entscheidung zu treffen, da wir nicht immer ermessen können, welche Auswirkungen diese auf unseren zukünftigen Werdegang haben werden.
Author: Benjamin Duthaler
Quellen:
Hungenberg, H. (2014). Strategisches Management in Unternehmen: Ziele – Prozesse – Verfahren (8. Aufl. 2014 Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler.
Nöllke, M. (2015). Entscheidungen treffen: Schnell, sicher, richtig (6. Auflage). Freiburg im Breisgau: Haufe.
Fischer, A. & Funke, J. (2016). Entscheiden und Entscheidungen: Die Sicht der Psy- chologie. Berlin: Duncker & Humblot.
Thaler, R. H., Sunstein, C. R. (2010). Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt: Wie man kluge Entscheidungen anstößt | Wie man Menschen dazu bringt, das Richtige zu tun (17. Aufl.). Berlin: Ullstein Taschenbuchverlag.
Kahneman, D. & Frederick, S. (2012). Representativeness revisited: Attribute substitu- tion in intuitive judgment. Cambridge University Press.
Dale, S. (2015). Heuristics and biases: The science of decision-making.
Gigerenzer, G. & Gaissmaier, W. (2011). Heuristic Decision Making. Berlin: Max Planck Institute for HumanDevelopment
Gigerenzer, G. & Kober, H. (2020). Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (2. Aufl.). München: Pantheon Verlag.
Solomon, M.R., Drenan, S., & Insko, C.A. (1981). Popular induction: When is consen-sus information informative? Journal of Personality, 49, 212–224.
Wadephul, C. (2020). Sind Heuristiken die besseren Algorithmen? Ein Antwortversuch am Beispiel des Traveling Salesman Problem (TSP). Wiesbaden: Springer Fachmedien.
Werth, L., Denzler, M. & Mayer, J. (2020). Sozialpsychologie – Das Individuum im sozi- alen Kontext. Springer Publishing.